Neue Formen der Arbeit: Cloud-Worker und Caring-Company
Das Bedürfnis nach mehr Sicherheit beim Einzelnen wächst. Wird sich die Caring-Company oder der Cloud-Worker als Modell durchsetzen?
Die künftige Veränderung des Arbeitsmarkts wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Ein äußerst mächtiger und sehr zuverlässig vorhersagbarer Faktor ist die demografische Entwicklung. Sieht man von gravierenden Ereignissen wie Kriegen ab, altert eine Bevölkerung sehr gleichmäßig und zukünftige Szenarien lassen sich daher gut prognostizieren. Der Trend- und Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky beschreibt die Situation, auf die wir zusteuern, folgendermaßen: „6,5 Millionen werden in den kommenden zehn Jahren aus dem deutschen Arbeitsmarkt verschwinden, weil so viel mehr Menschen in Pension gehen als junge Menschen nachrücken. Selbst wenn man alle politischen Programme (mehr Frauen nach der Mutterschaft in Jobs und qualifizierte Einwanderer ins Land) einbezieht, entsteht am Ende eine verstörende Prognose: Je nachdem wie Sie die Statistik auswerten, gibt es zwischen 2,0 Mio und 5,2 Mio unbesetzbare Jobs. Dies ist reine Statistik.“
Angenommen die Nachfrage nach Arbeit bleibt in etwa gleich, würden die Verhältnisse auf den Kopf gestellt: Firmen würden sich künftig bei Arbeitnehmern bewerben und nicht umgekehrt. Janszky behauptet, dass als Konsequenz aus dem demografischen Wandel der Arbeitsmarkt dynamischer wird. Bis zu 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung seien Projektarbeiter.
Gleichzeitig werden parallel zu dieser Entwicklung die Märkte immer globaler. Eine rein nationale Betrachtungsweise wird der zukünftigen Situation deswegen nicht gerecht. Der dadurch wachsende Wettbewerb setzt Unternehmen weiter unter Druck. Probleme können schnell auftauchen, sehr spezifisch sein und ebenso schnelle, unkomplizierte Lösungen erfordern. Gestiegener Wettbewerb und demografischer Wandel fordern neue Arbeitsmodelle, um mit der veränderten Situation in Zukunft umzugehen. Dabei sind die Konsequenzen durchaus widersprüchlich.
Cloud-Worker vs. Caring-Company
Einerseits verlangt eine schrumpfende Altersgruppe der 20-65 Jährigen und damit die Verknappung von Arbeitskräften von den Unternehmen, dass sie attraktiver werden. Andererseits fordert der stetig steigende Wettbewerb mehr Flexibilität und Kosteneffizienz. Diese beiden Ursachen fördern zum einen eine stärkere Bindung der Arbeiter ans Unternehmen, verstärken zum anderen aber den Bedarf an flexiblen Cloud-Workern. Diese beiden Pole werden die Extreme des Arbeitsmarktes der Zukunft bilden.
Das wertvollste Gut der Caring-Company: das Wohl der Mitarbeiter
Hinter dem Konzept der Caring-Company steckt mehr als die Not, die zur Tugend gemacht wird. Der zu erwartende Arbeitskräftemangel wird diese Entwicklung sicher befördern. Die eigentliche Einsicht hinter der Caring-Company ist jedoch weitreichender. Motivierte Mitarbeiter, die sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und gerne arbeiten, sind produktiver und kreativer. Allein um das Potenzial der Menschen zu fördern, lohnt es sich, neue Wege zu gehen. Unternehmen müssen in Zukunft mehr denn je die Werte ihrer Mitarbeiter verkörpern.
Die Fürsorge von Unternehmen geht dabei weit über die bloße Absicherung von Zukunft oder im Krankheitsfall ihrer Mitarbeiter hinaus. Eine Caring-Company unterstützt die Vorstellungen, Träume und weiterführenden Interessen ihrer Arbeitnehmer. Sie bietet ihnen Aufstiegschancen und Bildungsangebote, Flexibilität bei den Arbeitszeiten und dem Arbeitsort sowie Angebote zur Kinderbetreuung.
Es soll ein Arbeitsplatz zum Wohlfühlen geschaffen werden, damit sich die ArbeiterInnen mit dem Unternehmen identifizieren, indem eine leistungsfördernde und zugleich familiäre Atmosphäre geschaffen wird. Das Ziel ist es, Mitarbeiter zu binden und Arbeit, soziales Umfeld sowie eigene Interessen in Einklang zu bringen.
Der wichtigste Wunsch der Cloud-Worker: Freiheit
Der Cloud Worker ist bereits zu einem großen Teil Realität. In vielen Bereichen arbeiten Selbständige und Freelancer bereits projektbezogen. Über Internetplattformen wie Freelancer.com können diese freien Mitarbeiter von Unternehmen für einzelne Aufgaben angeworben werden. Diese Form der punktuellen Anwerbung bei Bedarf hat für beide Seiten Vor- und Nachteile.
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Cloud-Worker gehen von Projekt zu Projekt anstatt eine längere Zeit für ein Unternehmen zu arbeiten. Sie schätzen daran die Möglichkeit, immer wieder Neues zu lernen, in ihrer Kreativität neu gefordert zu sein und nur an solchen Projekten zu arbeiten, die ihren Wertevorstellungen entsprechen. Freiheit und Ungebundenheit sind die zentralen Bedürfnisse der Cloud-Worker. Die negativen Auswirkungen dieser Form von Arbeit sind Lohndumping und fehlende Sicherheit bezüglich der Absicherung der beruflichen und privaten Zukunft. Unternehmen profitieren von der Flexibilität der Cloud-Worker, können kurzfristig Lösungen erarbeiten und zudem Kosten senken. Gleichzeitig müssen Cloud-Worker stets neu in den Work-Flow eingearbeitet werden, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutet.
Neue Arbeitsformen jenseits der Modellfrage
Unabhängig von dem Modell, das sich durchsetzen wird, werden neue Formen der Arbeit bzw. der Zusammenarbeit entstehen. Allein durch den digitalen Wandel wird „Remote Work“ nicht nur möglich, sondern notwendig. Unter „Remote Work“ wird Teamarbeit verstanden, bei denen sich die einzelnen Team-Mitglieder während der gemeinsamen Arbeit an unterschiedlichen Standorten aufhalten können. Gleichzeitig wird das „Home-Office“ zum Standard werden. Die Verwischung von Arbeit und Freizeit geht einher mit den veränderten örtlichen Gegebenheiten: „Co-Working-Places“ und öffentliche Arbeitsplätze ergänzen die Angebote der Arbeitgeber.
Die Arbeit hält große Übel fern
Ob sich eines der Modelle als das Arbeitsmodell der Zukunft durchsetzen wird, hängt auch noch von anderen Entwicklungen wie der Automatisierung und Robotisierung aller Arbeits- und Lebensbereiche ab. In vielen Bereichen könnte Arbeit, wie wir sie heute kennen und definieren, von Maschinen übernommen werden. Dann stellt sich die Frage nicht mehr danach, welches Modell von Arbeit am besten für die Menschen ist. Über den Nutzen der Arbeit schrieb der französische Aufklärer Voltaire: “Die Arbeit hält drei große Übel fern: Die Langeweile, das Laster und die Not”. Die dringendste Frage, wird also um ein Vielfaches schwerer zu beantworten sein: Was machen die Menschen mit der frei werdenden Zeit, wenn Maschinen die ganze Arbeit übernehmen?
Autor
Ibrahim Evsan
Ibrahim Evsan ist Gründer, Author und Blogger in Berlin. Er ist auch der Herausgeber dieses Blogs.
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