New Work – Sind unsere Entscheider zukunftsfaehig
Der verstorbene Psychologe und Vordenker Peter Kruse hat einmal sinngemäß gesagt, wir seien mitten in einem gesellschaftlichen Kulturwandel und damit entstünden auch neue Prinzipien für unsere Arbeitswelt.
Dieser Umbruch ist längst für alle sichtbar geworden. Die Digitalisierung schafft neue Tatsachen. So wird Partizipation (weQ) auf eine Art möglich, die es nie zuvor gegeben hat. Eine neue Generation von Menschen rückt nach, die grundlegend anders sozialisiert wurde. Die Weltwirtschaft ist ein multidimensionales Spielfeld, in dem Player und Märkte schnell entstehen und auch wieder verschwinden.
Führungskräfte wünschen sich einen Wandel
Aus meiner Arbeit mit Entscheidern in der Wirtschaft kann ich nur bestätigen, was auch die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durchgeführte INQA Studie „Forum Gute Führung“ untermauert: Die Führungskultur in den Unternehmen muss sich wandeln.
77 Prozent der Führungskräfte wünschen sich einen Wandel der Führungskultur. Gleichzeitig sehen sie aber noch einen weiten Weg und fühlen sich selbst kaum in der Lage, diese neue Führungskultur umzusetzen. Also Veränderung Ja – es fragt sich nur, wie.
Ich sehe drei leitende Prinzipien, die allen Methoden und Werkzeugen von Führungskräften zugrunde liegen sollten:
- Geisteshaltung vor Fähigkeiten
- Fokus auf das, was funktioniert
- Prioritäten verändern
Prinzip 1 – Es geht um die Geisteshaltung
Was Führung in Wirtschaft und Gesellschaft heute ineffektiv macht, ist nicht ein Mangel an Fähigkeiten. Es ist die Kombination eines sich stets wandelnden Umfeldes und einer starren Geisteshaltung, also des Gefangenseins in immer gleichen Denkmustern. Ein Spagat, der nicht erfolgreich sein kann. Allgemeinwissen? Vielleicht. Jedoch nicht allgemeine Praxis.
In Entwicklungsprogrammen für Führungskräfte und Entscheider wird sehr viel Zeit damit verbracht, Fähigkeiten zu lehren oder zu erweitern – wie bspw. aktives Zuhören oder gutes Feedback zu geben. Der gesellschaftliche Wandel erfordert allerdings eine schnelle Weiterentwicklung oder gar den Abschied von vielen gängigen Konzepten. Manager sehen sich derzeit Herausforderungen gegenüber, die nicht im reinen Handwerkszeug der täglichen Führungsarbeit liegen, sondern vor allem in ihrer Persönlichkeit, in der Erweiterung ihres Denkens und der Geisteshaltung.
Prinzip 2 – Fokus auf das, was funktioniert
Der Großinvestor und Unternehmer Warren Buffett erzählt immer wieder die Geschichte über seine erste Begegnung mit Bill Gates auf einer Party. Am Tisch wurde in die Runde gefragt, welche die eine Sache war, die geholfen hat, erfolgreich zu sein. Laut Buffett gaben Gates und er dieselbe Antwort: „Ich weiß, wie man sich auf das Wesentliche fokussiert.“ Wenn man sich die Lernlandschaft im Wirtschaftsumfeld anschaut, so fällt schnell auf, dass sie nicht fokussiert ist – im Besonderen nicht auf innovative Formen des Arbeitens und Führens. Viele Management-Trainings ähneln eher einem Bauchladen mit verschiedenen Werkzeugen, Techniken und Methoden, die nicht wirklich in gemeinsamen zeitgemäßen Lernzielen zusammenfließen.
Wie kann ich mich denn aber nachhaltig weiterentwickeln, Komfortzonen erkennen, diese verlassen und neue Denkstrukturen öffnen? Wie kann ich als Führungskraft meine Mitarbeiter für den Wandel inspirieren und durch den Wandel begleiten? Daraus ergeben sich die Kern-Fragen in meinen Beratungsprojekten mit Führungskräften: Was funktioniert im Kontext von weQ und allgegenwärtigen Veränderungen und was verdient Fokus?
Prinzip 3 – Neu Priorisieren
Gerade wenn Dinge sich schwierig gestalten, können wir es uns nicht leisten, Zeit und Energie zu verschwenden. Wir sind gut beraten uns auf die Hebel zu fokussieren, die zu echter Entwicklung führen. Und das ist die Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit. Diese fängt im Gehirn an. Die vernetzten Strukturen des digitalen Zeitalters erfordern mehr Beziehungsmanagement als Prozessmanagement. Deshalb ist es empfehlenswert, zuerst an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten, um Beziehungen gut gestalten zu können. Reflexionszeit und Achtsamkeit, sprich das objektive beobachtende Wahrnehmen der eigenen Emotionen und Gedanken ist ein empfehlenswerter Schritt im hektischen Alltag.
Wer seine Gedanken und Emotionen ganz objektiv beobachtet, ohne sie zu bewerten, versteht, dass diese immer von alten Denkmustern gesteuert sind – das Gehirn kann nicht anders, es sei denn es wird bewusst trainiert. Dass dies inmitten rasanter Entwicklungen kontraproduktiv ist, liegt auf der Hand. Vor allem steht es der Entwicklung einer offenen Geisteshaltung entgegen. Je bewusster wir unsere inneren Vorgänge und Denkreflexe wahrnehmen, umso gezielter können wir darauf Einfluss nehmen. Das bedeutet: All die energieraubenden Prozesse – das sogenannte Gedankenkarussell – werden gestoppt, man erhält Klarheit über sich selbst und die gegenwärtige Situation.
Manager müssen sich Freiräume schaffen
Viele Vorstände und Manager schildern in persönlichen Gesprächen, dass sie in der Hektik des Alltags zu wenig Reflektionszeiten finden, um nach- und vorauszudenken. Bei allem Wissen um den hektischen Alltag von Entscheidern gilt es, an dieser Stelle sehr kritisch zu schauen: Wer sich selbst nicht führen kann, sollte auch andere nicht führen. Also ein klarer Appell an Entscheider und Manager, sich die notwendigen Freiräume zu schaffen – zeitlich und inhaltlich. Das Resultat ist Präsenz und Klarheit, zunächst im Innern und dann zwangsläufig auch im Außen. Dann besteht die Möglichkeit, mit dem gesellschaftlichen Kulturwandel nach Peter Kruse und den stattfindenden Umbrüchen zu surfen.
Autor
Christina Bösenberg
Christina Bösenberg gilt als Vordenkerin für die Arbeitswelt der Zukunft - mit KI und dem Menschen in der digitalisierten Welt.
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